In Deutschland leben mehrere hunderttausend Polen. Diese sind zwar meist gut integriert, werden allerdings oft schlecht bezahlt. Das soll sich ändern. Nach den Türken sind Polen die größte Zuwanderungsgruppe in Deutschland. Die genaue Zahl ist unbekannt, da schon bis 1989 1,3 Millionen sogenannte Aussiedler kamen, die auf Deutsche Vorfahren verwiesen. Allerdings nutzten damals einfach viele Polen die Möglichkeit, auf die Art den ungeliebten sozialistischen Staat zu verlassen. Die hier aufgewachsene nächste Generation sieht sich zu einem Großteil als Deutsche mit polnischen Wurzeln – ein Beharren auf einen eigenen Kulturkreis mit der Bewahrung polnischer Traditionen ist unter Polen in Deutschland eher selten anzutreffen. Doch die Möglichkeit dazu hat ihnen der Gesetzgeber mit dem 1991 abgeschlossenen deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag theoretisch zugesichert. In Artikel 20 des Vertrages verpflichtet sich Deutschland, den Bürgern; „die polnischer Abstammung sind oder die sich zur polnischen Sprache, Kultur und Tradition bekennen … [die Entfaltung] ihrer ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität … [frei von Druck] zu gewährleisten.“ Zwar gibt es, zumindest in Berlin, polnische Gottesdienste und Anzeigenblätter, aber darin erschöpft sich das Angebot auch schon fast. Die oft schlechtere Bezahlung ist nur eins von vielen Problemen, mit denen Bürger aus Polen meist allein zurecht kommen müssen. Der Berliner Anwalt Stefan Hambura, der auch zu den polnischen Einwanderern gehört, plant jetzt eine Partei zu gründen, die die Rechte der Deutschpolen vertritt. Er fordert, die hier lebenden Polen als nationale Minderheit anzuerkennen, da dieser Status die Partei von der 5-Prozent-Hürde befreien würde. Der Leiter des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt, Dieter Bingen, hält es für unwahrscheinlich; „dass sie unter den Polen in Deutschland viele Wähler finden würde. Aber bei Kommunalwahlen könnte es hier und da vielleicht Überraschungen geben.“ Am 17. Juni jährt sich der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag zum 20. Mal und dies wäre eine gute Gelegenheit, über die übliche Schönrederei hinaus, eine Interessenvertretung zu etablieren, die dafür Sorge trägt, dass der Vertrag von beiden Seiten eingehalten wird.