Die Seligsprechung von Papst Johannes Paul dem II., wird besonders in seinem Geburtsland Polen, gefeiert. Für viele Menschen war der verstorbene Papst bereits zu Lebzeiten ein Heiliger. Für sie ist die Heiligsprechung, für die mit der Seligsprechung die notwendige Voraussetzung geschaffen wurde, nur noch eine Formsache. So wie der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz, der als Privatsekretär für den Papst gearbeitet hat, denken viele Menschen in Polen: „Wir beten, dass sich ein weiteres Wunder zeigt, das er vollbracht hat“. Denn ein weiteres Wunder ist notwendig, um ihn zu einem Heiligen erklären zu können. Nicht nur Kirche und Gläubige, auch Politiker aus allen Fraktionen und fast alle polnischen Nachrichtensender, verkünden öffentlich ihre Freude über die Pläne des Vatikan. Kritisch hinterfragt werden die Ereignisse kaum. Die liberale Zeitung „Gazeta Wyborcza“ ist eine der wenigen, die sich der Euphorie nicht angeschlossen hat. Das Blatt bemängelt den „Seligsprechungswahnsinn“ und die „aufgeblasene Sprache voller Klischees“, die von den Befürwortern der Heiligsprechung benutzt wird. Für den Theologen Tadeusz Bartos, hat dies wenig mit dem religiösen Empfinden der Menschen zu tun: „Johannes Paul II. wird in erster Linie nicht als religiöser Führer wahrgenommen, sondern als einer, der nationalen Identität stiftet. Die Polen haben ein Problem damit zu beschreiben, wer sie als Nation sind. Gleichzeitig haben sie das Bedürfnis, sich zu definieren. Und da wird einer von ihnen Oberhaupt der Kirche, angesehen auf der ganzen Welt. Das hat viele Polen nicht nur stolz gemacht, sie haben sich mit ihm identifiziert. Karol Wojtyla ist eine Art ungekrönter polnischer König geworden.“ Für die katholische Kirche in Polen ist die Seligsprechung ein wahres „Geschenk Gottes“, motiviert sie doch viele Leute, die Kirche zu besuchen. Doch liberalere Katholiken warnen davor, dass dieser Personenkult die Vertreter der Kirche in falscher Sicherheit wiegen würde. Langfristig wird die katholische Kirche dadurch eher verlieren, da Religion als Stifter nationaler Identität, auch in Polen immer stärker an Einfluss verliert.