Polen alarmiert durch Krim-Besetzung

Die Annektierung der Krim durch Russland alarmiert die angrenzenden Länder. Tschechien, das Baltikum und Polen fühlen sich von Russland bedroht. Zwar glaubt die polnische Regierung nicht an eine Verletzung der polnischen Grenze, doch äußert sie sich beunruhigt über die „illegalen Aktivitäten“ Russlands auf der Krim. Für die politische Führung Polens bedeutet die Besetzung der Krim die Gefahr eines Krieges, in den auch Polen involviert werden könnte. Staatspräsident Bronislaw Komorowski beruft sich deshalb auf Artikel 4 des Nato-Vertrages und berief eine Konsultation des Nato-Rats in Brüssel ein, um Maßnahmen zu erörtern, der kollektiven Sicherheitsgefahr rechtzeitig zu begegnen. „Wir wissen, dass das Raubtier durch das Fressen immer noch mehr Appetit bekommt“, erklärt Außenminister Radoslaw Sikorski. Die Regierung gab nach einem Treffen aller Parteivorsitzenden bekannt, dass sich in dieser Angelegenheit alle polnischen Parteien einig seien. Trotz der Notwendigkeit, sachlich und rational mit der Situation umzugehen, wird Polen es “ […] der Welt nicht erlauben, sich von der Ukraine abzuwenden. Hier geht es für Polen um Sein oder Nichtsein. Wenn wir uns gemeinschaftlich organisieren können und ein relevanter Teil unserer Gemeinschaft sind, dann werden wir sicher sein. Wir dürfen nicht alleine bleiben gegenüber den Bedrohungen, welche sich hinter unserer Ostgrenze entwickeln.“ Deshalb will die polnische Regierung, über das von der EU beschlossene Vorgehen hinaus, weitere Maßnahmen zum Schutz des Landes und zur Unterstützung der Ukraine ergreifen. So soll beispielsweise die geplante Modernisierung der Armee beschleunigt und die aktuell bestehende Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen überwunden werden. Zudem verliert Russland seine Glaubwürdigkeit als Wirtschaftspartner, da das Land mit seiner Besetzung der Krim die Reihe der „berechenbaren Länder verlassen“ habe.

USA erweitern Militärhilfe für Polen

Die USA haben, angesichts des Konfliktes zwischen Russland und der Ukraine, die Militärhilfe für Polen erweitert. Geplant sind, für die nahe Zukunft, mehr gemeinsame Manöver und eine verstärkte Luftraumkontrollen. Das gab der US-amerikanische Verteidigungsminister, Chuck Hagel, jetzt bei einer Anhörung vor dem Kongress in Washington an. Außerdem will das US-Militär einen größeren Anteil bei der Überwachung des baltischen Luftraums in der Nato übernehmen. „Es ist Zeit für uns alle, dem ukrainischem Volk zur Seite zu stehen, um seine territoriale Integrität und Souveränität zu beschützen. Das Verteidigungsministerium unternimmt Maßnahmen, um unsere Verbündeten zu unterstützen“, erklärt Hagel, bei der Bekanntgabe der Pläne. Aktuell ist erst eine obligatorische kleine Einheit von zehn US-Soldaten der Luftwaffe in Polen stationiert, die regelmäßig über dem baltischen Raum, also Estland, Litauen und Lettland patroullieren, da diese noch nicht über eine eigene Luftwaffe verfügen. Am Donnerstag will sich der amtierende Ministerpräsident der Ukraine, Arseni Jazenjuk, zum Gespräch über die aktuelle Lage mit dem Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel treffen, um über weitere Maßnahmen zu beraten.

Polen will eigenes Raketenschild

Die polnische Regierung plant den Aufbau eines eigenen Raketenschildes, im Rahmen der Modernisierung ihrer Streitkräfte. Demnach wurden bereits entsprechende Auftragsanträge von diversen polnischen Rüstungsunternehmen gestellt. Theoretisch könnten auch ausländische Firmen damit beauftragt werden. Iwan Konowalow, der Chef des russischen „Zentrum für strategische Konjunktur“, erläutert: „Die Polen haben die erforderlichen Kapazitäten, um eine große Palette von Erzeugnissen für einen eigenen Raketenschirm herzustellen. Es geht dabei um Raketen, Radaranlagen, zielsuchende Gefechtsköpfe. Sie produzieren vieles selbständig, aber doch nicht alles.“ Circa die Hälfte der einzelnen Projekte könnte von polnischen Firmen umgesetzt werden. Das geplante Raketenschild hat einen Gesamtwert von rund fünf Milliarden US-Dollar. Begründet wird die Aufrüstung damit, dass es ungewiss ist, ob das von den USA angekündigte Raketenabwehrschild noch fertig wird. Außerdem soll damit die polnische Rüstungsindustrie gefördert werden. Für die komplette Aufrüstung stellt die Regierung insgesamt 46 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Damit soll die polnische Armee gut genug ausgerüstet sein, um zukünftig eine größere Rolle bei Natoeinsätzen spielen zu können.

Erneute Untersuchung des Smolensk-Absturzes

Obwohl fast vier Jahre her, sind die Ermittlungen zu der im April 2010 über der russischen Stadt Smolensk abgestürzten polnischen Präsidentenmaschine noch immer nicht abgeschlossen. Dabei waren der damalige Staatspräsident Lech Kaczynski, zusammen mit weiteren 90 Vertretern der Regierung gestorben. Ende des Monats wollen polnische Ermittler erneut die Black Box des Flugzeugs untersuchen. Wie ein Sprecher der Militärstaatsanwaltschaft mitteilte, hoffen die Ermittler durch verbesserte Untersuchungstechnologien die letzten Aufzeichnungen besser zu verstehen. Der Absturz ist bis heute ein Streitpunkt zwischen Polen und Russland, was in erster Linie auf die ständigen Anschuldigungen des Bruders von Lech Kaczynski, Jaroslaw zurückzuführen ist. Obwohl russische und polnische Experten längst einen Pilotenfehler als Unglücksursache ermittelten, glauben noch immer viele Polen der Darstellung von Jaroslaw Kaczynski, nach der dieser Absturz durch ein Mordkomplott ausgelöst wurde.

Regierung forciert AKW-Bau

Wie die polnische Regierung bekannt gab, verfolgt sie ihren Plan, zwei Atomkraftwerke in Polen zu bauen, um den wachsenden Energiebedarf zu decken. Schon 2024 soll das erste Kraftwerk, nahe Danzig, fertig sein. Die Fertigstellung des zweiten Werkes ist für 2030 geplant. Jetzt wurde vom polnischen Ministerrat ein nationales „Kernenergieprogramm“ verabschiedet. Damit steht weitestgehend fest, dass der erste Reaktor 400 Kilometer von Berlin entfernt, im Ort Zarnowiec stehen wird. Die Pläne hatten bereits vor zwei Jahren in Deutschland für Bedenken gesorgt, da bei einem möglichen Betriebsunfall auch Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gefährdet ist. Bisher bezieht Polen seinen Strom zu 85 Prozent aus Kohlekraft. Dieser hohe Anteil soll durch einen Mix aus Atomenergie und erneuerbarer Energie, bis 2030 auf 51 Prozent gesenkt werden. Außerdem will sich die Regierung aus der Abhängigkeit von russischen Gasimporten lösen. Das ist, nach Ansicht der Politik, nicht allein mit der Umstellung auf erneuerbare Energie zu schaffen, weshalb der Einstieg in die Kernenergienutzung als letzte Option betrachtet wird. Doch auch in Polen sind Atomkraftwerke umstritten. Zwar gaben bei einer kürzlich durchgeführten Befragung 50 Prozent der Menschen an, Atomkraftwerke in Polen zu befürworten, doch 63 Prozent lehnten gleichzeitig den Bau in ihrer direkten Umgebung ab. Jetzt will die Regierung die „nicht ausreichende gesellschaftliche Akzeptanz“ im Land durch diverse Werbemaßnahmen verbessern.