Polen hofft auf weiteren Wirtschaftsboom

Bis 2022 könnte Polen zu den 20 reichsten Ländern der Welt gehören, wie der polnische Premierminister, Donald Tusk, vergangene Woche bekannt gab. Um das zu erreichen, plant die Regierung umfangreiche Verbesserungen der Infrastruktur. Dafür sollen, unter anderem, 125 Milliarden Euro an EU-Strukturhilfen in Anspruch genommen werden. Schon jetzt liegt Polen im Vergleich der vorhandenen Autobahn- und Schnellstraßenlänge sehr weit vorn. Neben dem Ausbau der Infrastruktur legt die Regierung besonderen Wert auf auf eine Verbesserung des Bildungssystems. Vorrangig in die universitäre Bildung soll mehr Geld fließen. Um zu gewährleisten, das für die Wirtschaft relevante Ausbildungsfächer den meisten Nutzen von dieser zusätzlichen Förderung erhalten, dürfen Unternehmen entscheiden, welche Universitäten das Geld erhalten und woran sie forschen sollen – eine umstrittene Entscheidung, da durch die Fokusierung auf wirtschaftlich schnell nutzbare Wissenschaftsbereiche die Grundlagenforschung und Gesellschaftswissenschaften auf der Strecke bleiben, was sich erfahrungsgemäß langfristig negativ auf Polen auswirken wird. Doch derzeit sorgt sich die Regierung hauptsächlich um die wachsende Ungleichheit im Lebensstandard der Bevölkerung. Einer der Hauptgründe dafür ist das teilweise sehr geringe Einkommen abhängiger Beschäftigter. So liegt beispielsweise das Gehalt von Angestellten fast 75 Prozent unter dem in Deutschland. Der durchschnittliche Bruttolohn beträgt in Polen umgerechnet 870 Euro – der Mindestlohn gerade einmal bei 400 Euro. Und angesichts der stagnierenden hohen Arbeitslosenquote von 13 Prozent, sind die geplanten Maßnahmen vermutlich nicht ausreichend, um das anvisierte Ziel bis 2022 zu erreichen.

Polens Agrarexport boomt

Wie die Polnische Landwirtschaftsagentur (ARR) veröffentlichte, haben sich in Polen die Exporte von Agrargütern, seit dem Eintritt Polens in die Europäische Union, vervierfacht. Für rund 18 Milliarden Euro schlägt das Land inzwischen Agrar- und Ernährungsgüter in Europa um. Deutschland ist mit einem Viertel des gesamten polnischen Landwirtschaftexportes der Hauptabnehmer, für landwirtschaftliche Produkte. Hauptsächlich Fleisch, Molkereierzeugnisse und Früchte werden aus Polen exportiert. Inzwischen ist Polen der europäische Hauptexporteur für Äpfel, ein Platz, den bis 2012 Italien inne hatte. Auch für die Zukunft erwartet das Landwirtschaftsministerium steigende Agrarexporte. „Unsere polnischen Lebensmittel erobern den Weltmarkt“, bestätigt Landwirtschaftsminister, Stanislaw Kalemba, auf der Polagra Food 2013. Neben Deutschland bietet sich vorrangig mit China ein wachsender Markt. So verlangt der asiatische Markt jährlich nach mehr Schweinefleisch, als vor Ort produziert werden kann.

Polen als Reiseziel auf dem Vormarsch

Polen als Reiseziel, gewinnt für deutsche Touristen immer stärker an Bedeutung. Besonders Besucher, die es in naturbelassene Urlaubsorte zieht, schätzen Polen als Urlaubsort. In Polen wird zwar seit einigen Jahren viel für den Tourismus getan, doch der Massentourismus bleibt, zur Freude der Touristen, noch größtenteils aus. Lediglich zu bestimmten religiösen Feiertagen, wie Mariä Himmelfahrt am 15. August, pilgern Hunderttausende Europäer nach Tschenstochau, zur dort stehenden, berühmten polnischen Schwarzen Madonna. Noch wenig besucht sind dagegen noch immer die vielen großartigen Strände an der Ostsee und die reizvollen Landschaften, in den Bergen der Hohen Tatra. Ein besonderer Höhepunkt ist zudem die masurische Seenplatte, die größte Seenlandschaft des Landes. Im Sommer lohnt sich allerdings auch ein Besuch vieler Städte, wie die Hauptstadt Warschau, Krakau oder Breslau, mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Da auch die Stadtmenschen Polens den Sommer nutzen, um im Urlaub zu verreisen, sind die Städte gerade im Hochsommer nicht überfüllt und damit angenehme Reisezielen.

Bilfinger baut Größtes Kraftwerk in Polen um

Der deutsche Baudienstleister „Bilfinger“, kann an seine erfolgreiche Arbeit in Polen anknüpfen. Es gelang Bilfinger einen profitablen Auftrag des polnischen Energieversorgers PGE zu ergattern. Mit einem Auftragsvolumen von circa 80 Millionen Euro, wird das deutsche Bauunternehmen, das größte Braunkohlekraftwerk der Welt, im polnischen Belchatow, sanieren und modernisieren. Das Ziel der geplanten Arbeiten ist es, die Wirkungsweise zu verbessern, um die Leistung zu steigern. Auch der CO2-Ausstoß wird durch die Sanierung verringert. Dies ist notwendig, damit das Kraftwerk zukünftig den Umweltstandards der Europäischen Union gerecht wird, die wesentlich strenger sind, als die bisherigen Vorgaben des polnischen Staates. Das Kohlekraftwerk Belchatow wurde 1981 in Betrieb genommen und produziert inzwischen 5.053 Megawatt Leistung. Durch die geplante Modernisierung soll sich die Kapazität auf rund 5.474 Megawatt erhöhen.

Kein Euro-Beitritt vor 2023

Polen wird voraussichtlich erst ab 2023 Mitglied der Eurozone. Als Voraussetzung dafür muss vorher die Reformierung der Währungsunion weiter reformiert werden. Dies erklärte am vergangenen Wochenende der polnische Finanzminister, Jacek Rostowski, in einem Interview. Rostowski: „Ich denke, dass wir den Euro real in etwa zehn Jahren einführen werden, möglicherweise etwas früher. Aber wir sollen uns sicher sein, dass die Eurozone in dieser Zeit alle notwendigen Reformen hinter sich hat, die unseren Beitritt gefahrlos machen würden. Wir bewerten die gegenwärtigen Prozesse positiv…Aber die Fortschritte sind noch unzureichend“. Polen ist seit 2004 Mitglied der EU. Damals war der Anschluss an die Eurozone für 2008 geplant. Die Pläne wurden allerdings aufgrund der damals beginnenden Banken- und Staatsschuldenkrise auf unbestimmte Zeit verschoben. Zwar erklärte der polnische Regierungschef, Donald Tusk, noch im vergangenen Jahr, dass er von einem baldigen Anschluss an die Eurozone ausgeht, doch die Mehrheit der Polen sieht das kritisch, so lange keine gravierende Verbesserung der Euro-Stabilität erkennbar ist.