Streit um Religionsunterricht

In Polen spaltet derzeit ein neuer Religionsstreit das Land. Zum Beginn des neuen Schuljahres haben die katholischen Bischöfe Polens ihre Forderungen nach häufigerem Religionsunterricht erneuert. Nach Ansicht des Posener Erzbischof Stanislaw Gadecki, sollte dieser mindestens so oft stattfinden, wie Unterricht in Mathematik. Zudem will die Kirche durchsetzen, dass Religion ein Abitur-Pflichtfach wird. Auf Widerspruch stößt sie damit vor allem bei linken Politikern, die statt dessen mehr Alternativen zur Religion, wie beispielsweise ein größeres Angebot an Ethikunterricht verlangen. „Am besten wäre es, wenn Religionsunterricht wieder in Kirchenräumen (auf freiwilliger Basis) angeboten würde“, kritisiert Joanna Senszyn von der Linkspartei SLD, die bisherige Regelung, während einer Diskussionssendung. Die Forderung, Religionsunterricht quantitativ naturwissenschaftlichen Fächern gleichzusetzen, findet sie absurd. „Es gibt bestimmte Mythen, die oft dem Widersprechen, was die (Natur-)Wissenschaft lehrt.“ Andrzej Jaworski, von der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS, droht dagegen damit, dass Kinder die sich für Ethik, statt für Religion entscheiden, keine Kommunion oder kirchliche Hochzeit feiern könnten. Das jedoch stimmt so nicht, da auch in Polen die Besucherzahlen bei Gottesdiensten, außerhalb der Feiertage, sinken und deshalb jeder Erwachsene problemlos Taufe oder Kommunion nachholen kann, wenn er dies wünscht.

Polen gegen Militärschlag in Syrien

Polens Ministerpräsident, Donald Tusk, hat sich gegen einen Militäreinsatz in Syrien ausgesprochen. Die bisherigen Beweise bezeichnete er als nicht ausreichend, für einen solchen Schritt. Statt dessen empfahl er, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen versuchen sollte, eine friedliche Lösung für den Konflikt zu finden. Allerdings steht die polnische Bevölkerung einem Militärschlag nicht so skeptisch gegenüber, wie die deutsche, was vermutlich an der Erfahrung mit der deutschen Besatzung und dem Holocaust, während des zweiten Weltkrieges liegt. Schon zum Beginn der Besetzung Polens hatten polnische Abgesandte in Großbritannien und den USA um Hilfe ersucht. Deren Regierungen hatten jedoch sehr lange gezögert. Menschen anderer Länder ihrem Schicksal zu überlassen, ist deshalb in Polen nicht akzeptabel. Doch im vorliegenden Fall überzeugen die bisherigen Fakten die polnische Regierung nicht. Tusk: „Wir teilen nicht den Glauben oder Enthusiasmus derjenigen, die denken, dass diese Intervention die richtigen Effekte und Folgen haben. Die Erfahrungen in diesem Teil der Welt zeigen, dass militärische Interventionen, selbst wenn sie aus ehrenwerten Motiven erfolgen, selten den erwünschten Effekt haben, nämlich die Gewalt beenden.“ Die Opposition kritisierte die Haltung der Regierung allerdings als „gleichgültig“.

Todesstrafe: Polen ratifiziert letztes EU-Protokoll

In der vergangenen Woche hat auch Polen, als letztes EU-Land, die Todesstrafe abgeschafft. Präsident Bronislaw Komorowski ratifizierte am Donnerstag, das diesbezügliche Protokoll der EU-Menschenrechtskonvention. Diese verbietet die Todesstrafe ohne Ausnahme. Zwar hatte Polen das Protokoll bereits vor elf Jahren unterschrieben, doch die Ratifikation immer wieder verzögert. Dadurch galt in Polen bis letzte Woche das vorherige EU-Protokoll, das die Todesstrafe während eines Krieges oder einer Kriegsgefahr gestattete. Allerdings wurde in Polen bereits seit 1988 kein erlassenes Todesurteil mehr vollstreckt. Ein direktes Verbot der Todesstrafe gibt es im polnischen Strafrecht jedoch nicht. Die Ratifizierung des Protokolls war Bedingung für den EU-Beitritt. Während die aktuelle Regierung keine Probleme damit hat, fordert die nationalkonservative Oppositionspartei PiS, die Wiedereinführung der Todesstrafe, um „anständige Bürger“ vor schweren Verbrechen zu schützen, wie Parteichef Jaroslaw Kaczynski argumentiert.

Erstmals Wahlberechtigung für Deutsch-Polen

Bei der in diesem Herbst stattfindenden Bundestagswahl dürfen erstmals polnische Deutsche mitwählen. Zwischen 300.000 und 400.000 Menschen, die sich selbst als ‚Deutsche Minderheit in Polen‘ sehen und als solche anerkannt sind, leben Schätzungen zufolge in Polen. Bis zum 1. September dürfen diese sich als sogenannte Ausländerdeutsche in das Wählerverzeichnis eintragen und die Formulare für eine Briefwahl beantragen lassen. „Die deutschen Politiker haben uns das Privileg gegeben, über deutsche Politik mit zu entscheiden. Das ist ein Symbol der Verbundenheit, das für uns ungeheure Bedeutung hat“, erklärt Bernard Gaida, vom Dachverband der Deutschen Soziokulturellen Vereine, nach Bekanntwerden der neuen Regelung. Anträge für Wahlunterlagen kommen aus allen Altersgruppen. Statistiker gehen nach bisherigen Zahlen aber davon aus, dass die Zahl der Wähler aus Polen zu gering sein wird, als das sie die Wahl tatsächlich beeinflussen würde. Trotzdem loben Diplomaten und Vertreter deutscher und polnischer Minderheitenverbände, die Entscheidung für die Wahlfreiheit, als Unterstützung für die Pflege des „Deutschseins“ und der damit verbundenen Traditionen.

Auslandsstudium in Polen

Nicht nur als Reiseziel für Touristen, auch als Studienort, gewinnt Polen in der EU an Bedeutung. So erfreut sich Breslau, im Südwesten Polens, nahe der Grenze zu Deutschland, einer wachsenden Beliebtheit, bei deutschen Studenten. Auf 650.000 Einwohner kommen hier 140.000 Studenten in mehr als zehn Universitäten. Als Kulturhauptstadt Europas 2016, gibt es in Breslau zudem unzählige kulturelle Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten. Auch die Sprachbarriere ist kein Hinderungsgrund. In Breslau, das im 19. Jahrhundert zu Deutschland gehörte, leben noch immer viele Deutsche, die nach dem II. Weltkrieg entschieden, dort zu bleiben. Außerdem sprechen an den Universitäten fast alle Dozenten Englisch, oder Deutsch. Polnisch kann in kostenlos angebotenen Sprachkursen gelernt werden. Deutsche Studenten heben besonders die angenehme familiäre Atmosphäre in der Stadt und den Universitäten hervor. Die Studentenzahl pro Kurs ist kleiner, als in den meisten deutschen Hörsälen, so dass leichter eine persönliche Beziehung zwischen Dozenten, Professoren und den Studenten entsteht. Nicht selten laden Professoren ihre Studenten, beispielsweise zum Grillen, zu sich nach Hause ein. Völlig konfliktfrei ist die Beziehung zwischen den Städtern und den Universitäten allerdings auch hier nicht. Gerade ältere Einwohner haben mit dem freizügigen, antireligiösen Lebenswandel der Jugend Probleme. Doch die meisten Menschen sind offen gegen Besucher und Studenten.