Polnische Wirtschaft stabil

Obwohl 2010 politisch für Polen ein sehr turbulentes Jahr war, konnte die allgemeine Wirtschafts- und Finanzkrise keinen großen Schaden anrichten. So blieb Polen als einziges europäisches Land von einer Rezession verschont. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob es für Polen überhaupt sinnvoll ist, derzeit den Euro hier einzuführen, wie es seit Jahren geplant ist. Christoph Witte, Direktor der Deutschland-Delcredere NV, bezweifelt das: „Zusammen mit Deutschland ist Polen das Zugpferd Europas. Im dritten Quartal 2010 ist die polnische Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahr um 4,2 Prozent gewachsen. Damit ist Polen das osteuropäische Land mit der stärksten Volkswirtschaft. Der Zugang zu Fördermitteln der EU zieht weitere Investoren an – besonders Deutschland ist ein wichtiger Partner und leistet beinahe 20 Prozent der Direktinvestitionen. Eine große Herausforderung für Polen ist der Abbau des Haushaltsdefizits. In der Vergangenheit hat sich das Land um die Aufnahme in die Eurozone und die Einhaltung der Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts bemüht. Angesichts der Eurokrise stellt sich die Frage, wie vorteilhaft die Einführung des Euros für Polen ist.“ Allerdings hat trotz des hohen Wirtschaftswachstums die Regierung Polens noch ein Haushaltsdefizit von 8 Prozent des BIP zu verzeichnen. Bisher hoffte sie, dieses ohne einschneidende Sparmaßnahmen senken zu können, doch das wird immer unwahrscheinlicher. Experten befürchten, dass Polen noch in diesem Jahr die verfassungsrechtliche Grenze der Gesamtverschuldung von 55 Prozent des BIP überschreiten wird.

Polen: wachsender Markt für Luxusartikel

Wie immer wieder beobachtet werden kann, sind Länder mit einem steigenden Wirtschaftswachstum gute Märkte für Luxusartikel. Dies macht sich aktuell auch in Polen bemerkbar. Immer mehr Edelboutiquen, Schmuckgeschäfte und Läden für Markenartikel bestimmen die Zentren der großen Städte. Wie das Beratungsunternehmen analysierte, werden in den nächsten zwei Jahren die Verkaufszahlen für Luxusgüter aller Art um bis zu 50 Prozent steigen. Bezogen auf die Gesamtausgaben der Bevölkerung für exklusive Produkte, schaffen es Bekleidung und Schuhe auf einen Anteil am Verkauf von circa 30 Prozent. Das zeigt sich auch bei der Entstehung neuer Geschäfte in der Hauptstadt. Hier bestimmen Läden von Chanel, Prada und Louis Vuitton das Bild der Einkaufsmeile. Jetzt soll mitten im Zentrum Warschaus ein neues Shoppingcenter speziell für Luxusartikel entstehen. Geplant wird dies von der Likus-Familie, die in Polen bereits durch eine Vielzahl von Boutique-Hotels und Restaurants bekannt ist. Die neue Einkaufsmeile soll 19.000 Quadratmeter umfassen und schon im kommenden Jahr für zahlungskräftige Kunden zur Verfügung stehen. Davon gibt es in Polen rund eine halbe Million, Tendenz steigend. Sieben Milliarden Euro geben diese nach angaben des Marktforschungsunternehmens MDRC im Jahr für Luxus aus. „Einkäufe im Wert von 5000 oder sogar 10000 Euro kommen inzwischen sehr viel häufiger vor als noch vor fünf Jahren“, freut sich Piotr Raczynski,der seit zwei Jahren das erste Rolex-Geschäft in Polen führt.

Die Abfallwirtschaft in Polen

Die strengen EU-Auflagen, führen in Polen zu steigenden Kosten für die Abfalldeponierung- und Beseitigung. Dadurch entstand ein wachsendes Interesse an alternativen Methoden zur Abfallbeseitigung- und Wiederaufbereitung – ein großes Potential für Investoren und Firmen, die auf Abfallbeseitigungsanlagen spezialisiert sind. Den Bau von acht großen Müllverbrennungsanlagen plant die polnische Regierung derzeit. Hierbei wird besonder auf neue und effizientere Methoden zur Abfallverbrennung und Trocknung gesetzt. So hofft die Stadt Wroclaw schon im kommenden Jahr eine Kläranlage in Betrieb nehmen zu können, die den in der gesamten Gegend anfallenden Klärschlamm durch Verdampfung auf ein Minimum reduzieren kann. Trotz der Bemühungen, vor allem umweltfreundliche Technologien zu nutzen, gibt es viele Kritiker der derzeitigen Müll-Beseitigungs-Initiative in Polen, da die Abfallbeseitigung auf möglichst umweltschonende Art zwar wichtig ist, die Abfallvermeidung jedoch Priorität haben sollte. Bestrebungen seitens der Regierung für Recycling von verwertbaren Abfällen spielen bisher eine eher untergeordnete Rolle.

Privatisierungen kommen ins stocken

Der polnische Schatzminister Aleksander Grad musste jetzt bekannt geben, dass die Regierung ihr Privatisierungsziel nicht erreicht hat. Dafür macht er allerdings nicht die Regierung, sondern die Wettbewerbsbehörde verantwortlich. Diese hat bisher die Zustimmung zum Verkauf des polnischen Energielieferanten Energa verweigert, so dass das Ziel der Regierung, in diesem Jahr 6,2 Milliarden Euro Einnahmen durch Privatisierungen zu erzielen, nicht mehr erreichbar war. Auch der Verkauf von Polkometel, Polens größtem Mobilfunkanbieter, musste aufgrund eines Formfehlers auf das kommende Jahr verschoben werden.

Hessen kooperiert mit Polen

Im polnischen Posen, haben jetzt die Geschäftsführer der Agentur für Energiemanagement aus Wielkopolska (WAZE) und des deutschen Kompetenzzentrums Hessen-Rohstoffe, (HERO) ein Abkommen zur Zusammenarbeit bei der Analyse und Nutzung erneuerbarer Energien geschlossen. Schwerpunkte sind dabei Investitionen in Forschung und Technologie, die Öffentlichkeitsarbeit, sowie themenbezogene Weiterbildung. Erste Kontakte haben die Unternehmer aus Deutschland und Polen auf der „Poleka“, einer der größten Umweltmessen in Osteuropa geknüpft. Beide Agenturen wurden von ihren jeweiligen Landespolitikern damit beauftragt Pläne zu entwickeln, um den Anteil der Produktion erneuerbarer Energie zu erhöhen. So hat die WAZE die hauptsächliche Aufgabe, die Effizienz der Nutzung der vorhandenen Energieressourcen in Wielkopolska zu steigern und den sinnvollsten Einsatz von Fördermitteln zu planen. Die deutsche Agentur HERO wiederum wird sich vorrangig im Auftrag Hessens, um die Vermittlung von Experten und den Wissenstransfer kümmern. Hessen will innerhalb der kommenden zehn Jahre den Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent erhöhen. Aufgrund der großen Landwirtschaftlichen Nutzflächen Hessens, wird dabei die Nutzung von Biomasse eine vorrangige Rolle spielen. Davon profitiert wiederum Polen, dessen Landwirtschaft noch einen wesentlich größeren prozentualen Teil der Gesamtwirtschaft ausmacht.