Polen Blog

EM 2012: Kritik an Rassismus-Behauptung

In einer kürzlich ausgestrahlten BBC-Reportage, empfahl der ehemalige englische Nationalspieler Sol Campbell den britischen Fußballfans, lieber nicht nach Polen oder in die Ukraine zur anstehenden Fußball-EM zu fahren. Seiner Meinung nach wäre Rassismus und Gewalt unter den Fans in beiden Ländern an der Tagesordnung. Campbell: „Bleiben Sie zu Hause, sehen Sie sich die Spiele im Fernsehen an. Riskieren Sie nichts, sonst könnten Sie am Ende in einem Sarg zurückkommen“. Das polnische EM-Organisationsteam verurteilte den Bericht als unfair und falsch. Dies hätte „nichts mit der Realität zu tun“. Zwar gäbe es Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bei Fußballspielen, diese jedoch seien kein typisch polnisches, sondern ein europäisches Problem. Auch Premierminister Donald Tusk widersprach der einseitigen Darstellung, eine Reise nach Polen sei gefährlich. Die EM beginnt in einer Woche mit dem Spiel Polen gegen Griechenland in der polnischen Hauptstadt Warschau.

Deutsch-Polnischer Journalistenpreis vergeben

Der inzwischen zum 15. Mal vergebene Deutsch-Polnische Journalistenpreis ging in diesem Jahr an die Autoren der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, an Journalisten der ARD und an Radio „Koszalin“. Für die Frankfurter Allgemeine gewann Konrad Schuller mit seinem Beitrag über „Der neue Schlesier“, der die Entwicklung eines neuen Bewusstseins für die Region zum Thema hatte und für viel Aufregung bei deutschen und polnischen Traditionalisten gesorgt hatte. In der Kategorie Fernsehen gewann die Reportage von Markus Frenzel vom ARD-Magazin „Fakt“. Der Beitrag „Löcknitz: Zuwanderungsparadies und NPD-Hochburg“ zeigt die Bewohner der vorpommerischen Kleinstadt Löcknitz, die direkt an der Grenze zu Polen liegt. Während dort einerseits zehn Prozent der Einwohner Polen sind, wählen gleichzeitig rund 20 Prozent der Wähler die NPD, die sich gegen Ausländer engagieren. Auch den Wohnort als Bindeglied zwischen verschiedenen Menschen, hat sich die polnische Journalistin Jolanta Rudnik für ihren Radiobeitrag „Tutaj, here, hier“ zum Thema gewählt. Damit gewann sie in der Kategorie als beste Radiosendung. Ministerpräsident Erwin Sellering lobte in einer Ansprache den Beitrag der polnischen und deutschen Journalisten für die Verbesserung der polnisch-deutschen Beziehungen. Leider fand die Verleihung in der Mecklenburger Landeshauptstadt Schwerin in so kleinem Rahmen statt, dass die Einwohner Schwerins davon nicht viel mitbekamen. Für eine Veranstaltung, deren Intention die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Nachbarländern ist, besteht diesbezüglich noch Nachbesserungsbedarf. Im nächsten Jahr findet die Vergabe des Journalistenpreises im polnischen Breslau statt.

PiS fordert Verlegung des EM-Finales nach Polen

Aufgrund der vermuteten Misshandlungen der in der Ukraine inhaftierten Oppositionspolitikerin, Julia Timoschenko, hat jetzt der Chef der polnischen Oppositionspartei PiS, die kurzfristige Verlegung des für die Ukraine geplanten Finales der Fußball-Europameisterschaft nach Polen gefordert. In seinem persönlichen Blog forderte der Chef der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, dass „wenigstens das Finalspiel“ nach Warschau verlegt werden sollte. Er kritisierte die in der Ukraine stattfindenden Verletzungen gegen die Menschenrechte und verwies auf eine angeblich wachsende Abhängigkeit des Landes von Russland. Letzteres ist allerdings beständig ein rotes Tuch für den PiS-Chef, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit auch die polnischen Beziehungen zu Russland zu torpedieren versucht. Die gemeinsam von Polen und der Ukraine organisierten EM-Spiele sollen am 1. Juli mit dem Finale in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ihren Höhepunkt finden. Die polnische Regierung hatte sich erst in der vergangenen Woche gegen ein Boykott der Fußball-EM in der Ukraine ausgesprochen.

Demonstration gegen Lizenzentzug von Trwam

In der polnischen Hauptstadt Warschau haben am vergangenen Samstag circa 15.000 Menschen gegen die Abschaltung eines katholischen Fernsehsenders demonstriert. Dem Sender „Trwam“ war durch die Behörden die Lizenz für die weitere digitale Ausstrahlung entzogen worden. Daraufhin organisierte die Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS), unter Führung von Jaroslaw Kaczynski, eine Kundgebung. Sie bezeichnete den Entzug der Lizenz als einen massiven Angriff der Regierung auf die Meinungsfreiheit und den Versuch, konservative Ansichten, wie sie von der PiS vertreten werden, zu unterdrücken. Außerdem kritisierten die Mitglieder der Partei, dass der amtierende Ministerpräsident, Donald Tusk, versuchen würde den Einfluss der katholischen Kirche zu beschränken.

Polen gegen Boykott der Ukraine

Die polnische Regierung hat jetzt ihr Schweigen gebrochen und sich gegen einen Boykott der EM-Spiele in der Ukraine ausgesprochen. Der polnische Präsident, Bronislaw Komorowski, gab bei einem Interview am Mittwoch zu bedenken, dass ein solcher Boykott die Ukraine in „die Arme Russlands zurücktreiben“ würde. Komorowski: „Die EM ist nicht das Eigentum von diesem oder jenem Politiker. Sie ist eine Chance für die Ukraine, sich selbst von ihrer besten Seite zu zeigen. Wir fühlen, dass sich die Ukraine irgendwo zwischen der Wahl einer Integration in die westliche Welt oder der Chance zur Teilhabe an einer von Russland angebotenen Zollunion befindet.“ Deshalb befürwortet Polen eine andere Lösung des Konflikts, der durch die, von den meisten westlichen Politikern als unrechtmäßig betrachtete, Inhaftierung der Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko ausgelöst wurde. Auch in Deutschland haben sich in den letzten Tagen Politiker aller Parteien für einen Boykott der Fußballspiele in der Ukraine ausgesprochen.