Bisher waren es vor allem Westeuropäer die um ihre Arbeit und die Höhe ihrer Löhne fürchteten, da jahrelang polnische Arbeitskräfte in ganz Europa als „konkurrenzlos billig“ eingesetzt wurden. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in Polen hat sich die Situation geändert. Zwar arbeiten noch immer viele Polen zeitweise im Ausland, doch die Branchen in denen sich das für die Arbeiter lohnt, werden weniger. Statt dessen ist inzwischen Polen selbst zu einem Land geworden, dass für Arbeiter aus anderen Ländern mit niedrigerem Lohnniveau interessant geworden ist. Jetzt hat die chinesische Baufirma Overseas Engineering Group (Covec) einen Großauftrag für den Bau der neuen Autobahn nach Warschau bekommen, weil der Baukonzern die geringsten Lohnkosten hat und damit der günstigste Anbieter war. Der Vorsitzende des Verbands der Straßenbauer, Wojciech Milusi, wirft dem chinesischen Unternehmen Dumping vor. Milusi: „Sie werden ganz bestimmt Geld verlieren bei der Sache. Sie machen es, um gute Referenzen zu haben für andere Baustellen in der EU. Und da es eine staatlich kontrollierte Firma ist, werden die Verluste vom chinesischen Staat aufgefangen.“ Ein Pressesprecher von Covec verweist im Hinblick auf den Vorwurf lediglich auf einen „eigenen Management-Stil“. Dieser beruht allerdings allein auf einer extremen Ausbeutung der chinesischen Arbeiter. Sie sind in Schlafsälen mit Etagenbetten untergebracht und arbeiten zwölf Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche und das auch während der Wintermonate, in denen normalerweise der Straßenbau wegen der schlechten Arbeitsbedingungen pausiert. Es wäre Aufgabe der polnischen Regierung zu verhindern, dass auf polnischem Boden Arbeiter, egal welcher Nationalität, unter diesen Bedingungen arbeiten müssen.
Kategorie: Wirtschaft
Forschungsprojekt Globalisierung
Durch den Beitritt Polens zur EU und der damit verbundenen Öffnung des Arbeitsmarkts, ändern sich für alle europäischen Länder auch die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Jetzt hat die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung der Fachhochschule des Mittelstandes einen Forschungsauftrag erteilt. Darin soll untersucht werden, inwieweit die Globalisierung sich auf das Unternehmertum in Deutschland und Polen auswirkt. Prof. Dr. Patrick Lentz ist der wissenschaftliche Leiter des Projektes: „Im Fokus der wissenschaftlichen Untersuchung stehen existierende Unternehmerpersönlichkeiten und -kompetenzen in beiden Ländern. Ferner betrachten wir auch potentielle Existenzgründer, beispielsweise Studierende an der FHM und an der Universität in Olsztyn, die sich bereits jetzt Gedanken über die eigene Selbstständigkeit machen.“ Professor Dr. Roman Kisiel, der an der polnischen Universität von Olsztyn lehr, sieht etliche Unterschiede zwischen der Wirtschaftsstruktur Polens und Deutschlands. “ Die Ausganssituation in beiden Ländern differiert stark. Während die deutsche Wirtschaft traditionell durch kleine und mittelständische Unternehmen geprägt ist, hat Polen den Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft erst 1989 initiiert und inzwischen erfolgreich vollzogen. Es wird interessant, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der unternehmerische Kompetenzen in beiden Ländern zu entdecken und diese durch die Phänomene unserer Zeit erklären zu können.“
Marek Belka gegen sofortigen Beitritt Polens zur Euro-Zone
Wegen der aktuellen Euro-Krise, plant die polnische Regierung momentan nicht, der Euro-Zone beizutreten, wie der Präsident der polnischen Zentralbank, Marek Belka, bekannt gab. Auch die Bevölkerung Polens steht einem solchen Beitritt derzeit eher skeptisch gegenüber. „Solange Griechenland eine offene Wunde in der Währungsunion bleibt, ist der Euro nicht so attraktiv, wie er einmal war oder wie er möglicherweise künftig wieder sein wird“. Allerdings lässt auch Belka keinen Zweifel daran, dass es sich dabei nur um eine vorübergehende Verzögerung handelt. Langfristig ist es für Polen aufgrund der größeren Wechselkursschwankungen zu teuer, eine eigene Währung zu halten. Dies wirkt sich vor allem negativ auf die kleinen und mittelständischen Firmen aus. Wann jedoch ein Beitritt zur EU-Zone für Polen sinnvoll wäre, lässt der Zentralbankpräsident offen. Ohnehin muss die polnische Regierung bis dahin ihr Haushaltsdefizit verringern. Dies liegt aktuell bei acht Prozent, womit Polen die geforderten Bedingungen für einen Beitritt nicht erfüllt. Unabhängig davon muss Polen nach Ansicht von Marek Belka, abwarten bis sich die finanzielle Lage in Europa stabilisiert hat.
Beratung über EU-Transfersystem
In der vergangenen Woche trafen sich die Vertreter von neun EU-Staaten, darunter Spanien, Griechenland, Portugal und Vertreter ehemaliger Ostblockstaaten, um über die zukünftige Richtung der EU-Wirtschaft zu beraten. Ziel der Beratungen ist es, eine gemeinsame Linie gegen die derzeit hohen finanziellen Förderungen ärmerer Länder zu finden. Zwar wurde das Treffen offiziell als Routinesitzung behandelt, doch angesichts der erstmaligen Übernahme der EU-Präsidentschaft durch Polen im Sommer dieses Jahres, gehen Beobachter davon aus, dass die polnische Regierung versucht ihre Rolle als Vertreter der osteuropäischen Staaten zu untermauern. Außerdem hofft Polen, mit Unterstützung kleinerer EU-Länder ihre Forderung nach einer geringeren Förderung ärmerer Regionen durchsetzen zu können. Auch die britische Regierung hatte aufgrund eigener Finanzprobleme ein Ende der finanziellen Hilfe ärmerer europäischer Staaten verlangt, war damit aber bisher auf massive Kritik gestoßen. Schwierig bleibt für die polnische Regierung, dass sie zwar gern das Transfersystem neu ausrichten, gleichzeitig aber nicht auf die eigene finanzielle Förderung durch die EU verzichten möchte.
Polen investiert stärker in Windkraft
Um zusätzlichen, für die wachsende Wirtschaft benötigten Strom zu erzeugen ohne dabei den CO2-Ausstoß zu erhöhen, will Polen noch in diesem Jahr 3 Mrd. Zloty, das entspricht rund 759 Millionen Euro, in Windkraftanlagen investieren. „Angesichts unserer Möglichkeiten kann das nur der Anfang sein“, sagte der Vorsitzende der Vereinigung für Windenergie, Krzysztof Prasalek, in einem Interview für die Zeitung „Rzeczpospolita“. Im vergangenen Jahr war die Leistung der in Polen genutzten Windkraftanlagen um 460 MW auf 1.180 MW gesteigert worden. Bis 2020 soll durch Windenergie eine Leistung von 6.500 MW erbracht werden. Ob dies gelingt, hängt allerdings davon ab, ob die polnische Regierung die dafür notwendige Gesetzesänderung für erneuerbare Energien zeitnah erlässt. Bisher werden Investitionen in dem Bereich hauptsächlich von ausländischen Investoren vorgenommen. Die Vereinigung für Windenergie befürchtet, dass die amtierende Regierung es dabei bewenden lassen will und sich statt dessen auf den Bau von Atomkraftwerken konzentriert. Geplant ist, dass bis 2020 das erste Atomkraftwerk an das Stromnetz angeschlossen wird. Weitere AKW sollen folgen. Schafft die Regierung es, die Nutzung der Kernenergie gegen die Bedenken der Bevölkerung durchzusetzen, ist nicht damit zu rechnen, dass sie die notwendigen hohen Investitionen für neue Windenergieanlagen vornimmt.