1991 einigten sich Deutschland und Polen in einem neuen Nachbarschaftsvertrag darauf, dass in beiden Ländern die dort lebenden Minderheiten des jeweiligen Nachbarlandes darin unterstützt werden, ihre kulturelle, ethnische und sprachliche Identität leben zu können. In den vergangen Zwanzig Jahren ist es jedoch bei der Umsetzung dieses Vertrages zu einem klaren Ungleichgewicht gekommen. Während Deutsche in Polen politisch und finanziell durch die polnische Regierung unterstützt werden, werden Polen in Deutschland weder als Minderheit anerkannt, noch in der Bewahrung ihrer kulturellen Wurzeln unterstützt. „Wenn es um die Unterstützung der polnischen Organisationen im Bereich des Polnisch-Unterrichts als Muttersprache geht, erfüllt die deutsche Sache ihre Pflichten nicht im geringsten. Vor einigen Jahren wurden in einigen Bundesländern die Mittel für polnischsprachigen Unterricht sogar komplett gestrichen. Andererseits erhält die deutsche Minderheit in Polen jährlich Zuschüsse in Höhe von etwa 25 Millionen Euro aus dem polnischen Staatshaushalt. Die Unterstützung der polnischen Minderheit in Deutschland ist gleich Null.“, kritisiert Marek Wojcicki vom Bund der Polen in Deutschland. Seit Jahren fordert er, die Erfüllung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages auch von deutscher Seite. Anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens des Vertrages hat die deutsche Regierung Versäumnisse eingeräumt und versprochen, diese auszuräumen. Als erste Maßnahme wurde die Einrichtung eines Dokumentationszentrums in Bochum und der Aufbau mehrerer Anlaufstellen für polnischstämmige Bürger beschlossen. Welche weiteren Schritte für eine Verbesserung der Lebensbedingungen polnischstämmiger Deutscher noch notwendig sind, wird derzeit gemeinsam mit verschiedenen polnischen Verbänden diskutiert.
Polen Blog
Polen übernimmt EU-Ratspräsidentschaft
In vier Wochen, am 1. Juli, beginnt die erste europäische Ratspräsidentenschaft für Polen. Die dafür ausgearbeitete Agenda wurde inzwischen vom Ministerrat der Europäischen Union bestätigt. Die wichtigsten Prioritäten sollen sein: „Europäische Integration als Quelle des Wachstums“, „Sicheres Europa“ (Nahrung, Energie, Verteidigung) und „Europa profitiert von seiner Öffnung“. Polen hat derzeit sehr gute Voraussetzungen, um als Vorbild für den wirtschaftlichen Erfolg zu agieren, gehört es doch zu den wenigen EU-Staaten, die nur sehr wenig Verluste durch die Wirtschaftskrise zu beklagen haben. Um 4 Prozent soll das BIP Polens in diesem Jahr wachsen, wie Wirtschaftsexperten der Unternehmensberatung Ernst & Jung schätzen. Um einen ähnlichen Aufschwung EU-weit zu erzielen, setzt Polen vor allem auf eine Stimulierung der europäischen Wirtschaft durch mehr EU-Investitionen. Diese jedoch müssen von den stärkeren Wirtschaftsmächten Europas, also Frankreich, Deutschland und Großbritannien getragen werden. Diese Länder jedoch befinden sich derzeit nicht in der Lage, die Bevölkerungen für mehr Zahlungen in den EU-Haushalt zu begeistern. Deshalb fordern deren Vertreter, dass der EU-Haushalt stärker die Entwicklung der einzelnen Länder reflektieren solle. Das bedeutet, einfrieren oder eher senken der derzeitigen Zahlungen. „Wenn Europa im globalen Vergleich wettbewerbsfähig sein soll, darf es sich nicht allein auf seine öffentlichen Finanzen und die Begrenzung der Haushaltsdefizite konzentrieren. Es besteht zusätzlicher Handlungsbedarf“, heißt es jedoch in der von Polen vorgelegten Agenda, was die Fortführung der Subventionierung für die ärmeren EU-Staaten bedeutet. Damit ist bereits klar, dass es in den kommenden Jahren schwierig wird, die verschiedenen Forderungen und Bedürfnisse der einzelnen EU-Regionen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Beweise für CIA-Gefängnisse in Polen?
Jahrelang ist über ein CIA-Gefängnis in Polen spekuliert worden. Die polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ gibt an, inzwischen Beweise für die Existenz der geheimen Gefängnisse gefunden zu haben. Der zuletzt mit dem Fall betraute Staatsanwalt Jerzy Mierzewski hatte ehemalige Staatsdiener der postkommunistischen Regierung 2001-2005 vorgeworfen, an Freiheitsberaubung, Verfassungsbruch und an mehreren Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt gewesen zu sein, indem sie der Gründung geheimer Verhörzentren des US-amerikanischen Geheimdienstes auf polnischen Boden gestattet hätten. Allerdings wurde auch Jerzy Mierzewski der Fall ohne Angabe vor Gründen entzogen, ebenso wie seinem Vorgänger. Die „Gazeta Wyborcza“ geht davon aus, dass die polnischen Behörden den Fall so lange hinaus zögern wollen, bis er verjährt ist. Auch die amerikanische Staatsanwaltschaft ist nicht bereit bei den Ermittlungen zu kooperieren. Angestossen wurde die Untersuchung, als der Europarats-Sonderermittler Dick Marty 2007 einen Bericht veröffentlichte, in dem er die Existenz von CIA-Gefängnissen in osteuropäischen Ländern wie Rumänien und Polen als erwiesen sah.
Wachsender Gasbedarf in Polen
Der Gasbedarf in Polen steigt mit der wachsenden Wirtschaft. Damit wächst auch die Bedeutung sicherer Gas-Zulieferungen. Nicht nur um den Energiebedarf zu decken, sondern um, wie von der Europäischen Union geforderten, die CO2-Emmissionen zu reduzieren, ohne Stromausfälle zu riskieren. Bisher wird in Polen 95 Prozent des gesamten Energiebedarfs durch Steinkohle gedeckt, was sich in der hohen CO2-Belastung der Luft wieder spiegelt. Zwar versucht die amtierende Regierung durch den geplanten Bau zweier Atomkraftwerke und der Förderung regenerativer Energien den CO2-Ausstoß zu verringern, doch das braucht Zeit. Mit erneuerbaren Energien lassen sich kurzfristig höchstens zwanzig Prozent des Energiebedarfes decken – der Bau von Atomkraftwerken wurde bisher in Polen durch Proteste der Bevölkerung, denen noch der Schock des Tschernobyl-Unglücks in den Knochen steckt, verhindert. Doch selbst wenn Prämierminister Donald Tusk seine AKW-Bau-Pläne umsetzen kann, wird es noch Jahre dauern, bis diese an das Stromnetz angeschlossen werden könnten. Deshalb fällt es der polnischen Regierung auch schwer, die EU-Richtlinien zur Liberalisierung des Europäischen Gas- und Strommarkts umzusetzen. Zwar plant das Wirtschaftsministerium ein neues Gasrecht, bisher wurde aber noch kein entsprechender Gesetzesentwurf vorbereitet. 98 Prozent des polnischen Gasmarktes wird derzeit vom einzigen Gasversorger, PGNiG, beherrscht. Die Preise werden in Polen noch immer amtlich vorgegeben. Das Wirtschaftsministerium besteht darauf, diese staatliche Preisregelung noch einige Jahre beibehalten zu können, um die Verbraucher vor zu hohen Preisen zu schützen. Die EU-Energiekommission dagegen ist der Meinung, dass gerade durch die Blockierung des Wettbewerbs die Preise auf einem zu hohen Niveau bleiben. Durch die am 3. März dieses Jahres verabschiedete neue Verordnung für den Erdgasbinnenmarkt, will die EU den Wettbewerb auf dem Gasmarkt stärken und so die Preise niedrig halten. Zur Unterstützung des Wettbewerbs soll zum Beispiel die Produktion von Gas komplett vom Verkauf und dem Lieferdienst getrennt werden. Außerdem verpflichten sich die einzelnen EU-Staaten, Dritten den Zugang zu den EU-Gasversorgungsnetzen zu ermöglichen. Gerade auf diesen freien Zugang, zum Beispiel zur Jamal-Pipeline, ist Polen aber angewiesen, wenn das Land CO2-reduziert die Stromversorgung absichern will. Und so wird das polnische Wirtschaftsministerium nicht darum herum kommen, die internen Regelungen für den Gasmarkt neu zu gestalten und die Preisgestaltung dem Markt zu überlassen. Ob die Bevölkerung tatsächlich davon profitieren wird, ist allerdings fraglich.
Obama-Besuch in Polen
Bei seinem ersten Besuch in Polen, hat der amerikanische Präsident Barack Obama, Polen als „regionale Führungsmacht“ gelobt und es als „Vorbild für die ganze Region“ in Sachen Demokratie und freie Marktwirtschaft bezeichnet. Während seines Besuchs traf Obama mit dem Präsident Bronislaw Komorowski und dem Regierungschef Donald Tusk zusammen. Dabei ging es vor allem um bilaterale Fragen, da Polen sich schon in der Vergangenheit als enger Verbündeter, für eine höhere Militärpräsenz der USA in Europa eingesetzt hat. Um der russischen Regierung, die den Aufbau einer Raketenabwehr in Polen als Ausstieg aus dem Abrüstungsabkommen bewertet haben zu beruhigen, verwies Barack Obama vor der Presse darauf, dass Russland beim Bau des Raketenschildes als Partner willkommen ist und das Projekt nicht das strategische Gleichgewicht stören sollte.