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Buch „Goldene Ernte“ spaltet Polen

Der aus Polen stammende amerikanische Soziologe Tomasz Gross, hat mit seinem Buch „Goldene Ernte“ für große Aufregung in seinem Geburtsland gesorgt, obwohl es in Polen noch gar nicht erschienen ist. Er beschreibt darin, wie während der Besatzung Polens durch das damalige Nazideutschland, viele Polen aus dem Holocaust finanziellen Nutzen gezogen haben. Schon früher hatten Historiker dokumentiert, dass sich auch in Polen etliche Menschen am Besitz von ermordeten Juden bereichert hatten. Trotzdem hat das im Krakauer Verlag „Znak“ erscheinende Buch von Tomasz Gross heftige Reaktionen in Polen ausgelöst. Schon jetzt, zwei Monate vor dem geplanten Erscheinungstermin rufen etliche Bürger zu einem Boykott des Verlags auf. Was das Buch von Gross von anderen Dokumentationen unterscheidet ist seine Aussage, dass es sich bei der Plünderung jüdischen Besitzes nicht um Ausnahmen, sondern um ein Massenphänomen gehandelt habe. Gross: „Es waren nicht nur einzelne Kriminelle, die mitmachten. Ehrenwerte polnische Bürger, die nach dem Krieg hohe Posten bekleideten, waren an diesen Plünderungen beteiligt.“ Es geht ihm vor allem darum aufzuzeigen, wie tief der Antisemitismus in der polnischen Gesellschaft verwurzelt war, was zu einer stärkeren Zusammenarbeit mit den Nazis führte, als seiner Meinung nach bisher offen gelegt wurde. Damit jedoch greift er direkt das polnische Selbstverständnis als Opfer des zweiten Weltkrieges an. Dem entsprechend heftig sind teilweise die Reaktionen. So wird Gross als „jüdischer Lügner“ und „Zuträger der Holocaust-Industrie“ beschimpft. „Das ist eine Masche [von Gross]“, wie der polnische Historiker Tomasz Nalecz behauptet. Damit spielt er auf ein vor zehn Jahren vom selben Autor erschienenes Buch an, in dem Gross über das Massaker von Jedwabne schrieb, bei dem polnische Bürger Hunderte Juden in eine Scheune trieben und sie lebendig verbrannten. Entgegen der Aussage von Nalecz, erwies sich damals allerdings der Inhalt des Buches als absolut korrekt. Auch sein neues Buch sollte wohl besser erst auf seine Richtigkeit hin geprüft werden. Aussagen wie „jüdischer Lügner“ und „Zuträger der Holocaust-Industrie“ weisen darauf hin, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit in Polen noch lange nicht abgeschlossen ist.

Polen ächzt unter der Mehrwertsteuererhöhung

Die Bevölkerung Polens leidet aktuell unter der stark steigenden Mehrwertsteuer. Zum Beginn dieses Jahres stieg der Mehrwertsteuersatz in Polen auf 23 Prozent. Neben Schweden und Dänemark hat Polen damit den höchsten Mehrwertsteuersatz in Europa. Notwendig ist diese Erhöhung geworden, da die polnische Regierung mit hohen Schulden und den daraus resultierenden Zinsen zu kämpfen hat. Obwohl die polnische Wirtschaft selbst im Krisenjahr 2009 ein Wachstum von 1,8 Prozent zu verzeichnen hatte, sind die Schulden der Regierung schon fast auf die für Euro-Staaten verbindliche Obergrenze von 55 Prozent des BiP gestiegen. Das aktuelle Haushaltsdefizit von 52 Mrd. Zloty soll durch die Erhöhung auf rund 40 Mrd. Zloty verringert werden. Am stärksten betroffen von dieser Erhöhung sind Familien mit Kleinkindern und Menschen mit geringem Einkommen. So wurde beispielsweise Babykleidung schlagartig um 16 Prozent teurer. Auch die dadurch gestiegenen Benzinkosten schlagen sich auf fast alle Preise nieder. Zwar wurde der Mehrwertsteuersatz nur befristet für drei Jahre erhöht, doch ernsthaft glaubt Keiner an eine spätere Senkung.

Beratung über Ostsee-Pipeline

Nord Stream, das Konsortium der Baugesellschaft der Ostsee-Pipeline, ist bemüht die Bedenken der polnischen Hafengesellschaft bezüglich der Erdgasleitungen auszuräumen. Die Gasleitung kreuzt in Swinemünde die Hafenzufahrt. Deshalb befürchtet die Hafengesellschaft, dass Schiffe mit einem Tiefgang von 15 Metern den Hafen nicht mehr anfahren können. Dies ist aber für viele Frachter unumgänglich, da direkt im Hafen ein Flüssiggas-Terminal gebaut werden soll. Jetzt will Nord Stream mit Hilfe einer neu gegründeten Arbeitsgruppe über die Rahmenbedingungen, die zeitlichen Abläufe und auch über eine eventuelle Tieferlegung der Gasleitung beraten. Ab Herbst 2011 soll das Erdgas durch die Ostsee-Pipeline von Russland über Lubmin nach Westen und Süden transportiert werden.

Proteste gegen politische Einflussnahme im TV

Extrem konservative polnische Publizisten haben vor der Kanzlei von Premierminister Donald Tusk gegen das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm protestiert, nachdem in den vergangenen vier Monaten fünf Diskussionssendungen aus dem Programm gestrichen worden waren. Zeitgleich hatte der Sender mehreren konservativen Mitarbeitern gekündigt und seine Programmpolitik nach dem Wahlsieg von Tusk stärker an seine politischen Richtung angepasst. Vertreter des Journalistenverbandes werfen der neuen Regierung vor, ihre Vormachtstellung auszunutzen, statt für demokratische und freie Medien einzutreten. „Es geht nicht um uns, sondern darum, dass die Zuschauer sich mit verschiedenen Ansichten auseinandersetzen sollen“, erklärte der ehemalige Moderator Bronislaw Wildstein. Diese Einmischung der Regierung sei eine „reale Gefahr für die Demokratie Polens“. Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, dass vor der Wahl im Rundfunkrat hauptsächlich Mitarbeiter der rechtskonservativen Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ vertreten waren. Die teilweise Neubesetzung und der damit verbundene Richtungswechsel in der Berichterstattung kann demzufolge durchaus als Demokratisierung der Medien gewertet werden.

Polen planen Blut-Relique von Papst Johannes Paul II

Aus Anlass der für den 1. Mai geplanten Seligsprechung des verstorbenen polnischen Papst Johannes Paul II., plant eine Gruppe polnischer Katholiken, eine etwas ungewöhnliche Reliquie auszustellen. Diese soll in einer Ampulle das Blut des ehemaligen Papstes beinhalten. Ein Sprecher der geplanten Gedenkstätte „Johannes Paul-Zentrum“ gab in einem Interview bekannt, dass diese Ampulle in den Altar einer Kirche im Süden von Krakau eingebaut werden soll. Die Idee dazu lieferte der Krakauer Erzbischof Kardinal Stanislaw Dziwisz, der viele Jahre ein Freund des Verstorbenen war. Allerdings sind diese Pläne auch in Kirchenkreisen nicht unumstritten. So bezeichnete der Jesuit Krzystof Madel die Aktion als „mittelalterlich“ und „magischen Katholizismus“. Papst Johannes Paul II., der mit bürgerlichem Namen in Polen als Karol Wojtyla bekannt ist, war Erzbischof in Krakau, bevor er 1978 zum Papst gewählt wurde.