Polen trotzt der Euro-Krise

Trotz der ganz Europa im Griff haltenden Euro-Krise, rechnen Analysten mit guten Rating-Noten für Polen. Die amerikanische Rating-Agentur Standard & Poor geht sogar davon aus, das Polen bei der nächsten Bewertung eine bessere Bonitätsnote bekommt, als bisher. Nicht erst seit dieser Bekanntmachung gilt Polen in Europa als das neue Wirtschaftswunderland. Trotz der noch immer hohen Staatsverschuldung wuchs das Wirtschaftswachstum in Polen um rund vier Prozent in diesem Jahr. Auch für 2012 rechnen die Experten mit einer Steigerung um weitere zweieinhalb Prozent. Das reicht um Polen eine höhere Bewertung in Aussicht zu stellen, während fast alle anderen europäischen Staaten mit einer Abwertung ihrer Bonität rechnen. Zu verdanken ist das nicht zuletzt den Reformbemühungen der letzten Jahre die, wie erst kürzlich der polnische Ministerpräsident Donald Tusk angab, auch in den kommenden Jahren fortgeführt werden sollen.

Streichungen im Regionalverkehr sorgen für Verärgerungen

Der Fahrplanwechsel auf den Winterfahrplan beinhaltet für den Regionalverkehr Polens etliche Streichungen von Regionalzügen. Nach aktuellen Informationen fallen rund 25 Prozent aller Regionalzüge in Westpommern weg, wodurch auch der Tourismus betroffen ist. Insgesamt ein Drittel der Züge, die beliebte Tourismus-Städte Polens verbinden, werden im Winterhalbjahr eingespart. Das ist vor allem deshalb schwierig, da bereits jetzt viele Straßen Polen an der Grenze ihrer Belastbarkeit angekommen sind. Dazu kommt, dass der Regionalverkehr in Zukunft noch stärker regionalisiert werden soll, was ein Region-übergreifendes Fahrkartensystem erschwert und dadurch die Bahnfahrt für Ortsunkundige unübersichtlich macht. „Für einen auf Tourismus setzenden aufstrebenden Küstenort und dessen benachbarte Regionen, die ohnehin unter einer immensen Last auf den Autostraßen leiden, ist solch eine Entscheidung natürlich nicht nur ökologisch sondern auch ökonomisch problematisch“, kritisiert Jens Hansel vom unabhängigen deutschsprachigen Informationsportal Kolberg-Cafe.de. Auch die EU drängt Polen zu einem stärkeren Ausbau der Bahnverbindungen, für die durchaus auch Finanzhilfen der EU bereit stehen. Der Fahrgastverband „Pro Bahn e.V.“ empfiehlt, statt weiterer Einschränkungen die Verkehrspolitik stärker auf den Schienenverkehr auszurichten und durch eine Verbesserung des Angebots seine Attraktivität zu erhöhen.

Strom-Import-Sperre nach Polen

Der polnische Stromnetzbetreiber „PSE Operator“ hat jetzt angekündigt, in naher Zukunft Phasenschieber in die Stromnetze an der deutsch-polnischen Grenze einzubauen, um gegebenenfalls die Stromzufuhr aus Deutschland unterbrechen zu können. Der Grund für diese Maßnahme ist die derzeit und zukünftig wachsend unregelmäßige Stromerzeugung in Deutschland. Durch die Abschaltung deutscher AKW und die Umstellung der Stromerzeugung auf alternative Energieerzeugung, erhöhen sich die Schwankungen des Stromangebotes. Durch ein zeitweise höheres Stromangebot werden wiederum polnische Braunkohlekraftwerke automatisch Heruntergefahren, was bei dem, durch die Einspeisung regenerativer Energien schnelleren Wechsel in der Angebotshöhe zu häufigem Hoch- und Herunterfahren der Braunkohlekraftwerke führen wird. Dies jedoch will „PSE Operator“ vermeiden, da dadurch die Kraftwerke stärker belastet werden, als gut für sie ist. Für die deutsche Stromverteilung bedeutet das, dass bei einer höheren Energieproduktion die sonst nach Polen geleiteten Strommengen in den Süden und Westen Deutschlands geleitet werden müssen. Allerdings darf der polnische Netzbetreiber diese Phasenschieber nur eine begrenzte Zeitlang nutzen, bis das polnische Verteilernetz an die unregelmäßige Stromproduktion, die alternative Energien mit sich bringen, angepasst ist.

Grüne klagen gegen polnisches Atomprogramm

Wie die polnische Regierung inzwischen bekannt gab, soll an der Ostseeküste, vermutlich in Zarnowiec bei Gdansk, bis 2020 das erste polnische Atomkraftwerk entstehen. Ein Atomunfall könnte dann auch die Ostseeküste Deutschlands und Menschen in Mecklenburg und Brandenburg gefährden. Verhindert werden kann das Atomprogramm Polens nicht, doch die Landtagsfraktion der Grünen hofft die Pläne so lange zu verhindern, bis den Verantwortlichen in Polen die Gefahr für ihr Land bewusst wird und sie Alternativen zur Stromerzeugung nutzen. Um ein Umdenken zu erreichen, will die Grünen-Fraktion eine Beschwerde bei der Europäischen Union einreichen. Als Argument werden beispielsweise die fehlerhaften Umweltprüfungen vorgelegt. So geht, nach Meinung der Kläger, die polnische Regierung davon aus, dass bei einer Reaktorkatastrophe eine Sperrzone von drei Kilometern und die Versorgung der darin befindlichen Einwohner mit Kaliumjodtabletten ausreichend wäre. Außerdem plant Polen einen Reaktorunfall nicht ernsthaft ein, da davon ausgegangen wird, dass schwere Katastrophen nur alle Million Jahre auftreten. Dies jedoch hat sich längst als falsch erwiesen. Das EU-Recht sieht vor das auch Nachbarstaaten angehört werden müssen, wenn Pläne eines Landes sich auf die Nachbarländer auswirken können. Allerdings ist für die polnische Regierung die Entscheidung bereits gefallen, nachdem der Ministerrat und das polnische Parlament für den Bau der Atomkraftwerke stimmten. Eine nennenswerte Antiatomkraftbewegung gibt es in Polen nicht, obwohl 1990 heftiger Widerstand der Bevölkerung den Baustopp für das damals in Zarnowiec geplante AKW bedeutete. Aktuell ist Atomenergie kein wichtiges Thema für die polnische Bevölkerung, so dass Proteste gegen den geplanten Bau bisher kaum spürbar sind.

Polen plant AKW an der Ostsee

Polen hat inzwischen konkrete Pläne, um sein erstes Atomkraftwerk an der Ostsee zu bauen. Aktuell sind drei verschiedene Küstenorte im Gespräch, wie der Energiekonzern PGE mitteilte. In zwei Jahren fällt die Entscheidung darüber, ob in Gaski, Chozewo, oder Zarnowiec gebaut werden soll. Allerdings wird noch in diesem Jahr ein Auftrag ausgeschrieben werden, damit der Konstrukteuer des Atomkraftwerkes feststeht. 2020 müsste dann der erste Strom hier produziert werden. Insgesamt sollen zwei Kraftwerke in Polen entstehen, die jeweils eine Leistung von 3000 Megawatt erzeugen. Polen deckt bisher seinen Strombedarf zu 94 Prozent durch Kohlekraftwerke und hofft, durch eigene AKW’s unabhängiger von Gas- und Ölimporten zu werden. Außerdem hat Polen durch die Nutzung der Kohlekraft große Probleme, die von der Europäischen Union vorgeschriebenen Quoten bei der Treibhausgasemission zu erreichen. Derzeit klagt die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Polen, da es hier bisher nicht gelang, die Feinstaub-Richtlinien der EU einzuhalten. Noch immer ist Polen das europäische Land, mit der höchsten Feinstaubbelastung, obwohl diese in den vergangenen zwanzig Jahren bereits um 30 Prozent gesenkt wurde. Das es auch andere Alternativen gibt und die Probleme mit Atomkraftwerken, die unendlich lang strahlenden Abfall erzeugen, noch viel größer werden, ignoriert die polnische Regierung in ihrem Wunsch noch Unabhängigkeit im Energiesektor.