Polen stellt Mautsystem um

In 6 Wochen, am 1. Juli, wird in Polen das Mautsystem auf Elektronik umgestellt. Das bisher genutzte Vignettensystem für LKW, die mehr als 12 Tonnen wiegen, läuft deshalb bis zum 30. Juni dieses Jahres aus. Bis dahin sollten alle erworbenen Vignetten aufgebraucht sein. Der Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik (BGL) empfiehlt allen Transportunternehmen, die in oder durch Polen fahren, sich schnellstmöglich darum zu kümmern, dass die neuen Abbuchungsgeräte in die Fahrzeuge eingebaut werden. Diese können bereits seit dem 2. Mai an den „viaToll“ Servicestellen erworben werden. Innerhalb Deutschlands werden durch die regionalen Straßenverkehrsgenossenschaften ebenfalls Bestellungen für die „vaiBox“ Abbuchungsgeräte entgegen genommen und weiter geleitet. Ausschließlich über dieses Gerät wird ab Juli die Mautgebühr für Bundes- und Schnellstraßen beglichen. Deren Höhe hängt einmal vom Gewicht der Fahrzeuge und von der jeweiligen Schadstoffklasse des Transporters, sowie von der befahrenen Straßenkategorie ab.

20 Jahre Deutsch-Polnischer Nachbarschaftsvertrag

1991 einigten sich Deutschland und Polen in einem neuen Nachbarschaftsvertrag darauf, dass in beiden Ländern die dort lebenden Minderheiten des jeweiligen Nachbarlandes darin unterstützt werden, ihre kulturelle, ethnische und sprachliche Identität leben zu können. In den vergangen Zwanzig Jahren ist es jedoch bei der Umsetzung dieses Vertrages zu einem klaren Ungleichgewicht gekommen. Während Deutsche in Polen politisch und finanziell durch die polnische Regierung unterstützt werden, werden Polen in Deutschland weder als Minderheit anerkannt, noch in der Bewahrung ihrer kulturellen Wurzeln unterstützt. „Wenn es um die Unterstützung der polnischen Organisationen im Bereich des Polnisch-Unterrichts als Muttersprache geht, erfüllt die deutsche Sache ihre Pflichten nicht im geringsten. Vor einigen Jahren wurden in einigen Bundesländern die Mittel für polnischsprachigen Unterricht sogar komplett gestrichen. Andererseits erhält die deutsche Minderheit in Polen jährlich Zuschüsse in Höhe von etwa 25 Millionen Euro aus dem polnischen Staatshaushalt. Die Unterstützung der polnischen Minderheit in Deutschland ist gleich Null.“, kritisiert Marek Wojcicki vom Bund der Polen in Deutschland. Seit Jahren fordert er, die Erfüllung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages auch von deutscher Seite. Anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens des Vertrages hat die deutsche Regierung Versäumnisse eingeräumt und versprochen, diese auszuräumen. Als erste Maßnahme wurde die Einrichtung eines Dokumentationszentrums in Bochum und der Aufbau mehrerer Anlaufstellen für polnischstämmige Bürger beschlossen. Welche weiteren Schritte für eine Verbesserung der Lebensbedingungen polnischstämmiger Deutscher noch notwendig sind, wird derzeit gemeinsam mit verschiedenen polnischen Verbänden diskutiert.

Polen übernimmt EU-Ratspräsidentschaft

In vier Wochen, am 1. Juli, beginnt die erste europäische Ratspräsidentenschaft für Polen. Die dafür ausgearbeitete Agenda wurde inzwischen vom Ministerrat der Europäischen Union bestätigt. Die wichtigsten Prioritäten sollen sein: „Europäische Integration als Quelle des Wachstums“, „Sicheres Europa“ (Nahrung, Energie, Verteidigung) und „Europa profitiert von seiner Öffnung“. Polen hat derzeit sehr gute Voraussetzungen, um als Vorbild für den wirtschaftlichen Erfolg zu agieren, gehört es doch zu den wenigen EU-Staaten, die nur sehr wenig Verluste durch die Wirtschaftskrise zu beklagen haben. Um 4 Prozent soll das BIP Polens in diesem Jahr wachsen, wie Wirtschaftsexperten der Unternehmensberatung Ernst & Jung schätzen. Um einen ähnlichen Aufschwung EU-weit zu erzielen, setzt Polen vor allem auf eine Stimulierung der europäischen Wirtschaft durch mehr EU-Investitionen. Diese jedoch müssen von den stärkeren Wirtschaftsmächten Europas, also Frankreich, Deutschland und Großbritannien getragen werden. Diese Länder jedoch befinden sich derzeit nicht in der Lage, die Bevölkerungen für mehr Zahlungen in den EU-Haushalt zu begeistern. Deshalb fordern deren Vertreter, dass der EU-Haushalt stärker die Entwicklung der einzelnen Länder reflektieren solle. Das bedeutet, einfrieren oder eher senken der derzeitigen Zahlungen. „Wenn Europa im globalen Vergleich wettbewerbsfähig sein soll, darf es sich nicht allein auf seine öffentlichen Finanzen und die Begrenzung der Haushaltsdefizite konzentrieren. Es besteht zusätzlicher Handlungsbedarf“, heißt es jedoch in der von Polen vorgelegten Agenda, was die Fortführung der Subventionierung für die ärmeren EU-Staaten bedeutet. Damit ist bereits klar, dass es in den kommenden Jahren schwierig wird, die verschiedenen Forderungen und Bedürfnisse der einzelnen EU-Regionen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Wachsender Gasbedarf in Polen

Der Gasbedarf in Polen steigt mit der wachsenden Wirtschaft. Damit wächst auch die Bedeutung sicherer Gas-Zulieferungen. Nicht nur um den Energiebedarf zu decken, sondern um, wie von der Europäischen Union geforderten, die CO2-Emmissionen zu reduzieren, ohne Stromausfälle zu riskieren. Bisher wird in Polen 95 Prozent des gesamten Energiebedarfs durch Steinkohle gedeckt, was sich in der hohen CO2-Belastung der Luft wieder spiegelt. Zwar versucht die amtierende Regierung durch den geplanten Bau zweier Atomkraftwerke und der Förderung regenerativer Energien den CO2-Ausstoß zu verringern, doch das braucht Zeit. Mit erneuerbaren Energien lassen sich kurzfristig höchstens zwanzig Prozent des Energiebedarfes decken – der Bau von Atomkraftwerken wurde bisher in Polen durch Proteste der Bevölkerung, denen noch der Schock des Tschernobyl-Unglücks in den Knochen steckt, verhindert. Doch selbst wenn Prämierminister Donald Tusk seine AKW-Bau-Pläne umsetzen kann, wird es noch Jahre dauern, bis diese an das Stromnetz angeschlossen werden könnten. Deshalb fällt es der polnischen Regierung auch schwer, die EU-Richtlinien zur Liberalisierung des Europäischen Gas- und Strommarkts umzusetzen. Zwar plant das Wirtschaftsministerium ein neues Gasrecht, bisher wurde aber noch kein entsprechender Gesetzesentwurf vorbereitet. 98 Prozent des polnischen Gasmarktes wird derzeit vom einzigen Gasversorger, PGNiG, beherrscht. Die Preise werden in Polen noch immer amtlich vorgegeben. Das Wirtschaftsministerium besteht darauf, diese staatliche Preisregelung noch einige Jahre beibehalten zu können, um die Verbraucher vor zu hohen Preisen zu schützen. Die EU-Energiekommission dagegen ist der Meinung, dass gerade durch die Blockierung des Wettbewerbs die Preise auf einem zu hohen Niveau bleiben. Durch die am 3. März dieses Jahres verabschiedete neue Verordnung für den Erdgasbinnenmarkt, will die EU den Wettbewerb auf dem Gasmarkt stärken und so die Preise niedrig halten. Zur Unterstützung des Wettbewerbs soll zum Beispiel die Produktion von Gas komplett vom Verkauf und dem Lieferdienst getrennt werden. Außerdem verpflichten sich die einzelnen EU-Staaten, Dritten den Zugang zu den EU-Gasversorgungsnetzen zu ermöglichen. Gerade auf diesen freien Zugang, zum Beispiel zur Jamal-Pipeline, ist Polen aber angewiesen, wenn das Land CO2-reduziert die Stromversorgung absichern will. Und so wird das polnische Wirtschaftsministerium nicht darum herum kommen, die internen Regelungen für den Gasmarkt neu zu gestalten und die Preisgestaltung dem Markt zu überlassen. Ob die Bevölkerung tatsächlich davon profitieren wird, ist allerdings fraglich.

Forschungsprojekt Globalisierung

Durch den Beitritt Polens zur EU und der damit verbundenen Öffnung des Arbeitsmarkts, ändern sich für alle europäischen Länder auch die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Jetzt hat die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung der Fachhochschule des Mittelstandes einen Forschungsauftrag erteilt. Darin soll untersucht werden, inwieweit die Globalisierung sich auf das Unternehmertum in Deutschland und Polen auswirkt. Prof. Dr. Patrick Lentz ist der wissenschaftliche Leiter des Projektes: „Im Fokus der wissenschaftlichen Untersuchung stehen existierende Unternehmerpersönlichkeiten und -kompetenzen in beiden Ländern. Ferner betrachten wir auch potentielle Existenzgründer, beispielsweise Studierende an der FHM und an der Universität in Olsztyn, die sich bereits jetzt Gedanken über die eigene Selbstständigkeit machen.“ Professor Dr. Roman Kisiel, der an der polnischen Universität von Olsztyn lehr, sieht etliche Unterschiede zwischen der Wirtschaftsstruktur Polens und Deutschlands. “ Die Ausganssituation in beiden Ländern differiert stark. Während die deutsche Wirtschaft traditionell durch kleine und mittelständische Unternehmen geprägt ist, hat Polen den Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft erst 1989 initiiert und inzwischen erfolgreich vollzogen. Es wird interessant, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der unternehmerische Kompetenzen in beiden Ländern zu entdecken und diese durch die Phänomene unserer Zeit erklären zu können.“