Entgegen der auf aktuellen Umfragen beruhenden Prognose, gewann der amtierende Ministerpräsident, Donald Tusk, die Wahl mit einem klaren Vorsprung vor der Oppositionspartei ‚Recht und Gerechtigkeit‘, PiS, und ihrem Parteivorsitzenden, Jaroslaw Kaczynski. Tusk und die Bürgerplattform PO, erhielten 39,2 Prozent der Wählerstimmen. Die Bauernpartei PSL, bisheriger und voraussichtlich auch zukünftiger Koalitionspartner, erzielte 8,4 Prozent der Stimmen. Gemeinsam mit der Fraktion der deutschen Minderheit, die sich der PO anschließt, kommt die Regierungskoalition in der kommenden Amtszeit gemeinsam auf 235 der 460 Parlamentssitze, vier Sitze mehr, als benötigt. Damit wurde erstmals seit dem Ende des Sozialismus zweimal in Folge die gleiche Partei gewählt. Donald Tusk versprach nach Bekanntwerden des Wahlergebnis, das Reformtempo weiter zu erhöhen. Tusk: „In den kommenden vier Jahren werden wir doppelt so hart und doppelt so schnell arbeiten“. Einen überraschend großen Erfolg kann die anti-klerikale Partei „Palikot-Bewegung“ für sich verbuchen. Mit 10 Prozent der Wählerstimmen stellt sie in den kommenden vier Jahren 40 Abgeordnete im polnischen Parlament und wird damit nach der PiS die drittstärkste Fraktion. Die meisten der zukünftigen Abgeordneten der Palikot-Bewegung sind Anfänger in der Politik. Sie setzen sich ein für Laizismus in Polen, sowie für die Liberalisierung der Gesellschaft und Solidarität mit Minderheiten und sozial schwache Menschen.
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Ikea-Erpresser verhaftet
Die polnische Polizei hat jetzt die mutmaßlichen Erpresser der Bombenanschläge festgenommen, die in mehreren europäischen Ländern das schwedische Möbelhaus Ikea erpresst haben. Sie verlangten von Ikea für die Einstellung der Bombenanschläge eine Zahlung von sechs Millionen Euro. Da sie damit das Leben und die Gesundheit vieler Menschen gefährdet haben, droht ihnen bei ihrer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, auch wenn bisher kein Mensch lebensgefährliche Verletzungen erlitt. Bei den Festgenommenen handelt es sich um zwei 39-jährige Männer aus Polen, von denen einer über umfangreiches technisches Wissen verfügt und mehrere Fremdsprachen spricht, wodurch die Anschläge auf mehrere Länder ausgeweitet werden konnten. Die beiden Angeklagten hatten am 30. Mai dieses Jahres in Frankreich, Deutschland, Belgien und den Niederlanden Sprengstoff mit einer Zeitschaltuhr gezündet. Da sich die Explosionen außerhalb der Geschäftszeiten ereignete, gab es keine Verletzten. Bei einem weiteren Attentat am 10. Juni in einer Dresdner Ikea-Filiale, wurden dagegen zwei Menschen bei der Explosion verletzt.
Striptease im Wahlkampf
Mit der Idee, einen Striptease zur Wahlwerbung zu nutzen, kam die 23-jährige Katarzyna Lenart, die als Kandidatin für die Sozialdemokraten (SLD) aufgestellt wurde, in der eigenen Partei nicht gut an. „Jeder Kandidat hat das Recht auf eigenes Kampagnen-Material, aber es gibt Grenzen“, kritisierte der SLD-Sprecher, Tomasz Kalita, nach bekannt werden des Online-Clips. „Ich dachte, es ist an der Zeit für ein wenig Aufregung zu sorgen. Meine Kampagne zielt auf junge Menschen ab, und die interessieren sich leider nur für kontroverse Sachen.“, verteidigte dagegen Katarzyna Lenart ihre Idee, in einem Interview mit der „Gazeta Wyborcza“. Die Zielgruppe scheint sie jedenfalls erreicht zu haben. 120.000 Mal wurde der Clip bisher angeklickt. Ob sich damit auch der gewünschte Erfolg einstellt, wird sich am Sonntag zeigen, wenn in Polen das neue Parlament gewählt wird.
Kaczynski – neue Verschwörungstheorien
Der polnische Oppositionsführer der PiS, Jaroslaw Kaczynski, sorgt wieder einmal für Gesprächsstoff. In seinem kürzlich veröffentlichten Buch „Das Polen unserer Träume“, warf er Deutschland vor, das Nachbarland Polen unterwerfen und eine Großmacht aufbauen zu wollen. Er „warnt“ in seinem Buch davor, Deutschland versuche den Westen Polens wieder an Deutschland anzugliedern. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel greift er in diesem Zusammenhang heftig an. So schreibt er unter anderem: „Merkel gehört dieser Generation deutscher Politiker an, die die imperiale Macht Deutschlands wiederherstellen wollen. Eine strategische Achse mit Moskau ist ein Teil davon und Polen kann dabei nur ein Hindernis sein. Unser Land muss daher unterworfen werden, auf die eine oder andere Weise.“ Die allmählich beginnenden Investition in die polnische Wirtschaft hält Kaczynski ebenfalls nur für einen Teil des Planes, Polen zu okkupieren. „Wir könnten eines Tages in einem kleineren Polen aufwachen“. Nun sind Ausfälle dieser Art des Ex-Ministers ja nichts Neues. Erschreckend ist lediglich, dass laut der aktuellen Umfragen Kaczynski fast genauso viel Zustimmung in der Bevölkerung erhält, wie der liberale amtierende Ministerpräsident Donald Tusk. Am kommenden Sonntag wird in Polen ein neues Parlament gewählt. Im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens ist zu hoffen, dass die jüngste Umfrage nicht wirklich repräsentativ für die Wählerstimmung ist.
Adam Darski und der Sturm im Wasserglas
Noch immer schlägt die sogenannte Satanisten-Affaire in Polen hohe Wellen. Ausgelöst wurde diese von Vertretern der katholischen Kirche, die sich gegen den Einsatz des Black-Metal-Sängers, Adam Darski, als Juror der Fernsehshow „The Voice of Poland“ ausgesprochen haben. Seine Aufgabe wird es bei dieser Casting-Show sein, geeignete Sänger aus einer Vielzahl von Bewerbern auszuwählen und diese als Trainer zwischen den einzelnen Wettbewerbsrunden zu unterstützen. Der als „Nergal“ bekannt gewordene Künstler hatte während eines Konzerts vor vier Jahren eine Bibel zerrissen. Daraufhin wurde er wegen „Verunglimpfung religiöser Gefühle“ verklagt, erhielt aber einen Freispruch. Für die Vertreter der Kirche in Polen ist dies jedoch kein Grund von dem Künstler abzulassen. Die Bekanntgabe, dass Nergal zur besten Sendezeit im TV zu sehen sein wird, erbost religiöse Fanatiker und hochrangige Kirchenmitarbeiter. So forderte Bischof Wieslaw Mering in einem offenen Brief an den betroffenen Fernsehsender TVP, dass Nergal durch einen anderen Moderator ausgetauscht wird. Mering: „Die Beschäftigung eines bekennenden Satanisten, eines Menschen ohne Kultur, im öffentlichen Fernsehen überschreitet alle Grenzen des Anstands“. Er rief alle Gläubigen Christen dazu auf, ihrem Protest Ausdruck zu verleihen, indem sie die Zahlung der Fernsehgebüren verweigern. Auch etliche Mitglieder der nationalkonservativen Partei PiS verurteilten das Engagement eines Künstlers für diese Sendung, der „christliche Werte verletzt“. Der Abgeordnete Jan Dziedziczak forderte, „dass es dazu in Polen keine Erlaubnis gibt – schon gar nicht mit unserem Geld und unseren Abonnementgebühren.“ Damit stellen er und die Bischofskonferenz sich gegen das in Polen geltende Recht auf Meinungs- und Religionsfreiheit. Die erste inzwischen ausgestrahlte Sendung der Casting-Show verlief jedoch unaufgeregt. Die Chemie zwischen dem umstrittenen Sänger und den anderen Mitgliedern der Jury stimmt und die Kandidaten wurden von Nergal freundlich und aufmunternd behandelt. Die anhaltende Aufregung über seine Beteiligung teilt in der Show niemand. Auch der Betroffene nimmt die massive Kritik gelassen: „Ich vergebe ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Die ganze Aufregung ist nur Werbung für mich und meine Ansichten, die ihrer Meinung nach schlecht und gefährlich sind. Danke schön und bitte mehr davon!“